Besuch im SOS-Kinderdorf Imst

Studierende der KPH Edith Stein am Sonnberg in Imst

Studierende des Bachelorstudiengangs für das Lehramt Volksschule (4. Sem.) besuchten im Rahmen der Lehrveranstaltung SOZIALES LERNEN das SOS-Kinderdorf in Imst. Leiter JÖRG SCHMIDT führte die interessierte Gruppe kurzweilig und kompetent durch seine Einrichtung.

 Das SOS-Kinderdorf in Imst ist ein ganz besonderes Kinderdorf. Es wurde von Hermann Gmeiner, dem Vater der Kinderdörfer gegründet und ist somit das erste Kinderdorf weltweit. Der damalige Medizinstudent Hermann Gmeiner suchte für kriegsverwaiste Kinder ein neues Zuhause und brauchte dafür Unterstützung. Die erhielt er schließlich vom Bürgermeister der Stadt Imst. Im Jahr 1951 wurde das erste Haus errichtet. Inzwischen gibt es SOS-Kinderdörfer in 134 verschiedenen Ländern der Welt. In Imst leben aktuell ca. 75 Kinder im Alter zwischen einem und 21 Jahren. Im Durchschnitt leben die Kinder 6,7 Jahre im Dorf und werden dort von 63 MitarbeiterInnen betreut. Finanziert wird das Dorf zu 65 % von der Tiroler Landesregierung sowie zu 35% durch Spenden.

Jörg Schmidt übernahm vor knapp vier Jahren die Leitung des Kinderdorfes in Imst.
Das Kinderdorf bietet verschiedene Angebote. Ein großes Gebäude im unteren Dorfteil beherbergt die Krisenwohnung. Hier werden Kinder, deren Leib und Leben akut in Gefahr ist, aufgenommen. Innerhalb von sechs bis zwölf Tagen entscheidet sich, ob das Kind in die Familie rückgeführt werden kann oder ob es in eine Kinderdorf-Familie integriert wird.

Das eigentliche Dorf bilden die Häuser für die SOS-Kinderdorf-Familien. In diesen Gebäuden leben die Kinder in Kleingruppen mit ihren BetreuerInnen zusammen. In der Regel wird ein Haus von fünf Personen betreut, die sich in den Dienstzeiten abwechseln und intensiv zusammenarbeiten.

 In Imst ist auch ein Eltern-Kind-Wohnen möglich. Je nach familiärer Situation können hier die Kinder gemeinsam mit einem oder beiden Elternteilen zusammen vorübergehend leben. Neben der Betreuung der Kinder werden die Eltern intensiv begleitet und gecoacht.          

Der Kindergarten des Dorfes bildet den Bezugspunkt nach außen. Elf externe Kinder und die jüngsten Kinder aus dem Dorf besuchen im Moment den Kindergarten. Damit schafft er eine wichtige Nahtstelle für die Integration der Kinder in der Gemeinde. Die Dorfkinder kommen automatisch mit Nachbar-Kindern in Kontakt und erleben mit ihnen/durch sie Familien-Normalität. Es fällt auf, dass der Kindergarten fast ausschließlich aus Glas besteht. Das Glas soll die neue Transparenz des Dorfes symbolisieren.

Inzwischen haben auch 19 Flüchtlingskinder aus Somalia und Syrien ein Zuhause im Kinderdorf gefunden. Herr Schmidt beschreibt diese Kinder als sehr bereichernd für die Bewohnerinnen und Bewohner des Kinderdorfes. Sie bringen das mit, was die Mitarbeiter/innen den einheimischen Kindern oft nicht vermitteln können: Zielstrebigkeit und den Ehrgeiz, diese Chance zu einem Neubeginn, zum Schaffen einer eigenen Lebensgrundlage, einer Arbeitsstelle… zu nutzen.

Im Vergleich zu früher handelt es sich bei den BewohnerInnen ausschließlich um Sozialwaisen: die Kinder haben noch mindestens ein Elternteil. Aus verschiedensten Gründen können diese Kinder jedoch bei diesem Elternteil im Moment nicht leben und finden somit im SOS-Kinderdorf einen Platz.

Häufig haben die Kinder des Dorfes nur einen Wunsch: „Ich möchte zurück zu meiner Mama!“ Das Kind ist zwischen dem alten, konfliktgeladenen und dem neuen Zuhause in Imst hin- und hergerissen. Um eine Spaltung des Kindes zu verhindern, ist es wichtig, vom Gedanken „Wir PädagogInnen hier sind die besseren Eltern!“ wegzukommen und die intensive Zusammenarbeit mit den Eltern zu suchen. Herrn Schmidt liegt es sehr am Herzen, dass die MitarbeiterInnen des SOS-Kinderdorfes als Expertinnen und Experten und nicht als „bessere Eltern“ fungieren.

Hermann Gmeiner, Vater der SOS-Kinderdörfer, sagte einst: „Ich habe eines Tages dieses Schicksal der Kinder nicht mehr ertragen und glaubte, es muss einen anderen Weg geben, diesen Kindern zu helfen." Seine Idee hat sich durchgesetzt und wird bis heute in Imst und in über 2100 weiteren Projekten verfolgt.


Magdalena Merkle