Wien-Exkursion des HLG Politische Bildung

Die politische Vielfalt Wiens – eine ganz besondere Exkursion Stams/Wien. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des HLG Politische Bildung an der KPH Edith Stein stand vom 28. Feber 2024 bis 01. März 2024 eine ganz besondere Lehrveranstaltung auf dem Programm: eine Exkursion in die Bundeshauptstadt Wien.

Bereits am Mittwoch reisten im Laufe des Tages die 15 Studierenden des HLG Politische Bildung und ihre beiden Begleiter Prof. Dr. Josef Windegger und Prof. Mag. Joachim Baumann per Bahn in die Hauptstadt an. Denn der kommende Tag begann früh. Nach reichhaltigem Frühstücksbuffet machte sich die wissbegierige Gruppe mit der U-Bahn auf den Weg zur U4 Endstation Heiligenstadt. Kaum aus der U-Bahnstation herausgekommen erstrahlte vor uns der mächtige Karl-Marx-Hof. Ein Vorzeige- und Prestigeprojekt des sozialen Wohnbaus des Wiens der 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und Stein gewordene Idee des „roten Wiens“. Eine junge Dame des Vereins „Waschsalon“ führte uns durch verschiedene Stationen im Karl-Marx-Hof, erklärte uns zur Geschichte und Entstehung der Idee des sozialen Wohnbaus und gab Einblicke in die heutige Situation von Gemeindebauwohnungen. Die Besichtigung fand ihren Abschluss bei einer Dauerausstellung zum „roten Wien“ in der Waschküche des Karl-Marx-Hofes. Der Einblick in diese Art des Wohnens und Lebens war für uns Studierende vom Land eine neue und bereichernde Erkenntnis und ließ uns unsere eigene, oft großzügige, Wohnsituation dankbar reflektieren.

Vom „roten Wien“ ging es nun weiter ins „katholische Wien“ und uns erwartete mit Domarchivar Reinhard Gruber der wohl profundeste Kenner des Wiener Stephansdoms. Mit ihm erlebten wir nun eine der außergewöhnlichsten Führungen durch die Dom- und Metropolitankirche St. Stephan zu Wien. Von der Westempore aus hatten wir einen seltenen Blick das Wahrzeichen Wiens, der Wiener und der Österreicher. Reinhard Gruber erschloss uns von dieser Warte aus einerseits die Baugeschichte quer durch alle Epochen und andererseits die politische Dimension des Domes. Die politische Dimension wurde uns vor allem in der Bartholomäuskapelle bewusst. Porträts der Erzherzöge und Kaiser, in den Fenstern, auf gleicher Höhe mit den Heiligen, beginnend mit den heiligen drei Königen zeigen eindeutig wie eng Politik und Religion miteinander verschmolzen waren. Nicht nur bau- und kunstgeschichtlich, nicht nur als imposanter Sakralbau, sondern vor allem auch als politisches Gebäude wirkt der Stephansdom bis in unsere Zeit. Identitätsstiftend für Christen und Nichtchristen und vor allem für Wiener und Österreicher. Noch vieles gäbe es in diesem wunderbaren Bauwerk zu entdecken, viel von dessen politischer Seite noch zu erspüren. Jedenfalls ein Grund zum weiter Nachdenken und unbedingt wieder herkommen!

Eine lange Verschnaufpause ist uns nun nicht gegönnt, denn noch ein weiterer, vielversprechender Programmpunkt wartet  am Judenplatz mit unserem nächsten Referenten und Guide – Aron Rosenfeld. Er spaziert mit uns, zügigen Schrittes, durch den ersten und zweiten Wiener Gemeindebezirk und weist uns auf jüdisches Leben in der Inneren Stadt und in Leopoldstadt hin. Jüdische Spuren finden sich hier spätestens seit dem Mittelalter. Der erste urkundlich erwähnte Jude Wiens war ein gewisser Münzmeister Schlom im Jahre 1194. Leider fand er ein sehr tragisches Ende, denn er wurde von einem meuchelnden Kreuzfahrer Mob, aufgestachelt durch eine Intrige, ermordet. Jüdisches Leben blüht in Wien immer wieder auf und wird durch grausige Pogrome auch immer wieder zum Verwelken gebracht. Aus der Zeit des blühenden jüdischen Lebens in Wien zeugen heute noch neben einigen imposanten Ringstraßenpalais vor allem einige Orte im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Dort befand sich auch der große Leopoldstädter Tempel. Dieser wurde leider im Zuge der Novemberpogrome 1938 völlig zerstört (ob dieser Tatsache keimt Wut und Trauer im Verfasser dieses Textes auf!). Heute zeigt sich das jüdische Wien wieder recht vielfältig, vor allem im zweiten Wiener Gemeindebezirk ist jüdisches Leben an vielen Ecken spürbar. Nicht nur Stein gewordene Zeugen wie das Geburtshaus von Viktor Frankl, sondern auch koschere Restaurants lassen in die bunte Welt des Judentums eintauchen. Viel gäbe es von den Juden im ehemaligen Ghetto „untere Werd“ (d.i. heute Wien Leopoldstadt) zu erzählen, würde aber diesen Bericht sprengen. Heute leben wieder ca. 10.000 Juden in Wien, die meisten davon in Wien Leopoldstadt. Wir durften einen Einblick in das wechselvolle Leben der Wiener Juden erhaschen und den ereignisreichen Tag kulinarisch im koscheren Restaurant „Bahur Tov“ ausklingen lassen.

Gut ausgeschlafen und mit reichhaltigem Frühstück gestärkt steht am Tag 2 unserer Exkursion zuallererst ein Parlamentsbesuch am Programm. Vom Stephansplatz erreichen wir nach kurzem Fußmarsch das Parlamentsgebäude und müssen einen Sicherheitscheck über uns ergehen lassen. Die Angst der Sicherheitsbediensteten war spürbar und unangenehm. Nach dieser kleinen Hürde wartete schon Leopold Lugmayr aus der Parlamentsdirektion, Abteilung Demokratiebildung, auf uns und hieß uns herzlich willkommen. Bevor er uns eine exklusive Führung durch das Hohe Haus ermöglichte, hatten wir gut 1 1/2 Stunden Zeit zum Austausch und zur Diskussion mit Frau Abgeordneter zum Österreichischen Nationalrat Mag.a Sibylle Hamann (Grüne). Frau Abgeordnete Hamann ermöglichte uns einen Einblick in ihre parlamentarische Arbeit und stand für uns vor allem in Bildungspolitischen Fragen Rede und Antwort. Die nun folgende und schon angesprochene exklusive Führung durch das Hohe Haus machte uns vor allem auf die „Demokratiewerkstatt“ und die Gelegenheit für Workshops mit Schülerinnen und Schülern direkt ober dem Plenarsaal des Nationalrates aufmerksam und weckte schon die Lust mit Schülerinnen und Schülern wieder zu kommen.

Ein Besuch im Haus der österreichischen Geschichte rundete unsere Exkursion ab. Eilig verließen wir die Hauptstadt wieder Richtung Wochenende in Tirol und Vorarlberg. Ein herzlicher Dank und großes Vergelt’s Gott gebührt unseren Lehrveranstaltungsleitern und Organisatoren dieser sensationellen Exkursion. Sie seien noch einmal dankend erwähnt. Danke an Prof. Dr. Josef Windegger und Prof. Mag. Joachim Baumann für die fachkundige und angenehme Betreuung und Begleitung!

Für die Studierenden des HLG Politische Bildung Mag. Matthias Claus Seidel